Borderline Beziehung - Teil 2

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Hattest du schon mal bei einer Entscheidung ein komisches Bauchgefühl, aber erst später, als du bemerkt hast, dich falsch entschieden zu haben, daran erinnert, dass du vorher ein komisches Bauchgefühl hattest? – Das ist ein Zeichen, dass du mit dir nicht verbunden warst, denn Bauchgefühle sind wichtig und geben Orientierung.

Im Laufe unseres bisherigen Lebens haben wir vieles erlebt und gefühlt. Nicht alles konnten wir verarbeiten und integrieren. Besonders unangenehme Erlebnisse mit den dazugehörigen Gefühlen und Zuständen sind häufig unintegriert oder gar unregistriert irgendwo in uns gespeichert.

Diese bleiben auf unterschiedlichen Ebenen gelagert. Manche werden durch einen Geruch wieder wiederbelebt, manche durch ein Geräusch, einige durch einen Augen-Blick, andere werden durch ein Gespür wieder geweckt.

Manche sind uns bewusst, doch die Mehrheit bleibt im Unbewussten. Wenn diese durch irgendeinen Auslöser wiederbelebt werden, erkennen wir nicht, dass es sich um lang gelagerte und nicht vollendete Emotionen handelt.

Wir suchen die Ursachen in der äußeren Welt, da die innere Welt keine Sicherheit mehr bietet. Wir fühlen uns dann verunsichert, ausgeliefert und hilflos. Es werden die Bereiche in uns berührt, die wir schon längst verlassen mussten, um die Bindung zu den Eltern aufrecht zu erhalten, um zu überleben.

Das Kennenlernen von Lara und Sven

Sven* (Name von der Redaktion geändert) ist ein 40-jähriger Mann, der seit 12 Jahren selbständig und sehr erfolgreich in seinem Beruf ist. Er hat seit 1,5 Jahren mit Lara* (Name von der Redaktion geändert) eine Beziehung. Vor Lara war Sven 13 Jahre mit Judith zusammen. Sie trennten sich friedlich, weil sie sich auseinandergelebt hatten. Ein paar Monate nach der Trennung von Judith lernte Sven Lara kennen. Mit Judith pflegt er einen freundschaftlichen Kontakt.

Als ich Lara traf, traf mich ein Blitz der Glücksgefühle, die ich bis dato nie gefühlt hatte. Es war sprichwörtlich Liebe auf den ersten Blick. Es war eine sehr, sehr innige Liebe und sehr intensiv.

Ich habe Lara das erste Mal in einem Restaurant gesehen. Sie saß ganz allein und las ein Buch. Ich war mit meinem Geschäftspartner Jan zum Essen dort und wir saßen an dem Tisch direkt ihr gegenüber.

Ich konnte nicht aufhören dorthin zu schauen, weil sie auch mir ständig die Blicke zugeworfen hatte, so dass ich am Anfang dachte, es könnte jemand sein, den ich kenne, aber nicht sofort erkennen konnte wer das ist. Genau das Gefühl hatte ich, als sie mich anschaute.

Als Jan und ich fertig mit dem Essen waren, saß sie noch da. Wir bezahlten und gingen hinaus. Als wir draußen waren, musste ich zurück. Warum? Weiß ich bis heute nicht. Ich sagte Jan: „Ich muss noch auf Toilette. Warte kurz auf mich“.

Ich ging wieder rein und wie ferngesteuert marschierte direkt zu ihrem Tisch. „Entschuldigung für die kurze Unterbrechung. Kennen wir uns irgendwo her?“ – hörte ich meine Stimme. Sie schaute mich, mit einem unschuldigen, fast schüchternen Blick an und sagte mit einer leisen angenehmen Stimme: “Nein. Oder vielleicht doch?“ – sie lächelte.

Ich drückte ihr meine Visitenkarte in die Hand und sagte, dass ich gehen muss. Erst dann merkte ich, dass meine Hände zitterten und ich ziemlich durcheinander war. Jan schaute mich an und fing an zu lachen. Er wusste es. Er sagte er hatte schon beim Essen gemerkt, dass ich abwesend war und nur in einer Richtung schaute.

Am gleichen Abend, kam eine WhatsApp Nachricht: „Mein Name ist Lara“ und ein lächelnder Smiley dahinter. Mein Herz fing an zu pochen. So was hatte ich noch nie erlebt. Ich kannte diese Frau nicht mal. Ich sagte mir in den Moment „Sven. Du bist fast 39 und benimmst dich wie ein verliebter Teenager“.

Ich dachte, ich antworte ihr erst morgen, Eigentlich wollte ich Lara erst am kommenden Tag antworten, aber wie ferngesteuert, antwortete ich 10 Minuten nachdem die Nachricht kam. „Die nette lesende Lady?“

Es kam ein Smiley zurück… Dann klingelte mein Handy…

Wir redeten bis 5 Uhr in der Früh. So fing alles an.

Wir verschmolzen förmlich zu einer Einheit waren zu einer Einheit verschmolzen, konnten die Sätze des anderen beenden und waren einfach nur eins. Zu dieser Zeit hatte ich immer nur einen Gedanken, immer und überall: Lara. Nur sie. Alles andere blendete ich total aus.

Jan konnte es kaum noch ertragen, denn ich redete nur noch über Lara. Er sagte: „Wenn man Verliebt sein als Krankheit klassifizieren könnte, wärst du wochenlang krankgeschrieben“.

Ich war fasziniert von ihrer Intelligenz, ihre Begeisterungsfähigkeit, ihrer kindlichen Freude und ihrer Fürsorge. Lara liebt Tiere und sie hat sogar eine Schnecke von dem Wegrand auf die Wiese gebracht, damit niemand auf sie treten kann. Sie tat alles mit einer Selbstverständlichkeit und Spontanität. Ich verliebte mich jeden Tag aufs Neue in sie. Sie gab mir jeden Tag zu spüren, wie sehr sie mich liebte und dass ich der wichtigste Mensch in ihrem Leben sei. Ich war beflügelt und beseelt.

Bevor sie mich kennen lernte, war sie 3 Jahre Single.

Lara erzählte mir schon in der ersten Woche, dass sie Borderline hat und dass es nicht immer einfach sei mit ihr, aber sie arbeite daran, sagte sie. Ich hatte nie von Borderline gehört und dachte mir, was immer es ist, sie ist reflektiert und ehrlich. Was soll da schieflaufen?! Dachte ich… Bis sie das erste Mal ging. Ohne einen ersichtlichen Grund.

Dieses Gefühl werde ich nie vergessen. Ein unerträglicher Schmerz, der sich in meinem ganzen Körper verbreitete. Ein Alptraum.

Svens Kindheitserinnerungen

Sven berichtet, eine „normale glückliche Kindheit“ gelebt zu haben. Seine Eltern seien liebevoll zu ihm gewesen. Sie stritten selten und beide seien nicht zu emotional gewesen. Svens Vater ist ein sehr erfolgreicher Manager und seine Mutter Ärztin in einer Klinik. Sven hat einen älteren Bruder. Der Vater war oft geschäftlich unterwegs. Wenn er zuhause war, fragte er immer nach der Schule, sonst machte er nicht viel mit den Kindern, weil er meistens beschäftigt war.

Als Kind war Sven sehr ehrgeizig. Er war der Beste in seiner Klasse, was sich auch im Studium fortsetzte. Die erwünschte Anerkennung von seinem Vater blieb aber aus. Sven weiß, dass sein Vater ihn liebt, aber gespürt hat er es selten. Manchmal, als er gute Note bekam, schaute sein Vater ihn liebevoll an und sagte:“ Bravo mein Junge, ich bin stolz auf dich“ – das war aber selten.

Sven erinnert sich, als er einmal weinend nach Hause kam, weil ein paar Jungs aus seiner Klasse ihn gemobbt hatten. Sie nannten ihn Streber.

Sein Vater schaute ihn an und sagte: „Wo hast du einen starken Jungen weinen gesehen? Und ich dachte du wärst ein starker Junge“. Sven fühlte sich schuldig, denn er wollte seinen Vater nicht enttäuschen.

Sven erinnerte sich an eine andere Situation, als er 10 Jahre alt war. Er war in ein Mädchen aus seiner Klasse verliebt. Sie mochte aber jemand anderen. Einen Jungen namens Simon. Das verletzte ihn sehr und er zog sich tagelang nach der Schule in sein Zimmer zurück. Als seine Mutter ihn fragte, was mit ihm los sei, sagte er „Ich fühl mich so hässlich und doof. Simon ist viel besser als ich.“

Seine Mutter nahm ihn in den Arm und sagte: „Sven. Du bist ein toller Junge und doof bist du sicher nicht. Du bist der beste in der Klasse. Mama ist stolz auf dich.“

Die adaptiven Überlebensreaktionen von Kindern und ihr Einfluss auf zukünftige Beziehungen

Aus einer anscheinend normalen Familie, entsteht ein anscheinend normaler Persönlichkeitsanteil, der dominierend ist und bleibt. Die Zustände, Affekte und Empfindungen, die auf keine Resonanz der Eltern gestoßen sind, bleiben als emotionalere Persönlichkeitsanteile (Zustände und Affekte) eingefroren, abgespalten und somit unintegriert.

Nicht alle, aber einige Aspekte von Kindheitserfahrungen können dem Bewusstsein wieder zugänglich gemacht werden.

Sven erinnert sich zum Beispiel an das Gefühl der Scham und Ablehnung, als sein Vater ihn hat weinen lassen. Er erinnert sich, dass er sich schämte, weil er weinte. Sven fühlte sich unverstanden und traurig, aber gleichzeitig auch schuldig, weil er sich so fühlte und glaubte, seine Emotionen wären nicht angemessen in dieser Situation.

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